2024-05-15
Am 9. April durften wir in den VN unter dem Titel „Rätsel um verschwundene Schafe: Spurensuche in Bürs deutet auf ungewöhnlichen Täter hin“ die Geschichte von Christoph Vonblon-Bürkle aus Bürs lesen. Wer der Täter sein könnte, wurde uns gleich im Untertitel geliefert: „In Bürs verschwinden 23 Schafe über Nacht spurlos von ihrer Weide – mögliche Wolfsspuren wecken Zweifel an einem einfachen Diebstahl.“
War es der böse Wolf, diese Bestie, oder sogar ein Wolfsrudel, welche die armen Schafe gefressen und vertrieben haben?
Jetzt könnte man vermuten, dass die VN sachlich über den Vorfall berichtet und die Vermutungen von Beteiligten Personen einfach weitergibt, ohne sich an der Wolfshetze zu beteiligen. Doch diese Vermutung trifft aus meiner Sicht leider nicht zu, denn im heutigen Artikel können wir lesen: „Christoph Vonblon-Bürkle hat einen Teil seiner Schafe wieder. Die Tiere wurden für fünf Wochen vermisst, nun ist ein Teil der Herde wieder in Bürs.“
Siehe da, die Schafe sind ausgebüxt und wurden nahe der Gavalina-Alpe von einem Jäger gefunden. Also kein böser Wolf hat sie gefressen. Doch mit keinem Wort wurde der falsch beschuldigte Wolf in diesem Artikel erwähnt und damit rehabilitiert. Somit beteiligen sich auch die VN an der von der ÖVP koordinierten Wolfshetze.
2024-04-03
In Bludenz wurde vermutlich in der Nacht ein Wolf gesichtet und schon lief die Wolfshetze auf Hochtouren. Angeführt von LH Markus Wallner mit Unterstützung von LR Christian Gantner (beide ÖVP). In einer Presseaussendung hieß es dann sofort: „Abschussbescheid wird heute erlassen – Wolf hat im Siedlungsgebiet nichts verloren“. Und siehe da, der Abschussbescheid von der BH Bludenz folgte auf dem Fuß noch am selben Tag.
Da dieser aus der Hüfte erlassene Bescheid sträflich von der Gesetzeslage abwiech, mussten wir als anerkannte Naturschutzorganisation gegen diesen Bescheid eine Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht (LVwG) einbringen. Dieses lehnte dann in der Folge zuerst den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ab, damit durfte der Wolf bis zum Urteil nicht erschossen werden. Einige Tage später erfolgte dann das Urteil. Unserer Beschwerde wurde vom Gericht stattgegeben und der fahrlässige Bescheid der BH Bludenz aufgehoben. Die Begründung kurz gefasst: Der Bescheid hält sich leider nicht an die Verordnung der Landesregierung. Revision ist nicht möglich.
Franz Ströhle, Obmann des AlpenSchutzVereins, der die Beschwerde einbrachte, sagt den VN, dass es erfreulich sei, dass der Rechtsstaat funktioniere: „Der Abschussbescheid war ein unüberlegter Schnellschuss, der von Emotionen geleitet und jedenfalls fachlich unbegründet war. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Tier bei problematischem Verhalten schon jetzt entnommen werden, aber hier wurden die eigenen Vorgaben zur Entnahme nicht berücksichtigt.“
Wie reagiert nun unsere Regierung? In den VN ist folgende Aussage von LR Gantner zu lesen: „Dass es unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt und der Bescheid aufgehoben wurde, nehmen wir zur Kenntnis.“ Dennoch verteidigt er die Vorgangsweise weiterhin. „Ich stehe voll und ganz hinter der Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft, den Bescheid zu erlassen“, schreibt der Landesrat auf VN-Anfrage: „Für uns ist absolut klar, dass der Wolf im dicht besiedelten Raum nichts verloren hat.“ Sein Dank gelte „der zuständigen Behörde für das rasche und mutige Agieren und der Jägerschaft, die der wichtigste Maßnahmenpartner bei diesem Thema ist und das Vorhaben mit großem Engagement unterstützt hat“. Es habe aber keine Weisung aus dem Landhaus an die BH gegeben.
Wo bleibt da das demokratische Verständnis? Das klingt ja gerade so, als hätte das LVwG eine Fehlentscheidung getroffen. Darum freuen wir uns besonders über den Leserbrief von Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz:
Nach der angesichts klarer Rechtslage und einschlägiger Präjudizien von vornherein absehbaren Aufhebung des Abschussbescheids für den „Bludenzer Wolf“ durch das Landesverwaltungsgericht spricht Landesrat Gantner von „unterschiedlichen Rechtsauffassungen“ und davon, dass er nach wie vor (!) „hinter der aufgehobenen Entscheidung stehe“. Er werde diese aber nicht bekämpfen. Ein „Innenminister“, der die Rechtsprechung nicht respektiert, ist eine Gefahr für den Rechtsstaat. Auch das Landesverwaltungsgericht kann irren, aber wenn seine Entscheidung rechtskräftig ist, ist sie im Rechtsstaat für jede(n) zu respektieren. Die rechtsstaatlich korrekte und für das Allgemeinwohl wirkungsvollste Vorgangsweise bestünde darin, Beschwerde gegen das Gesetz an den Verfassungsgerichtshof zu führen und darin die unionseuropäischen Rechtsvorgaben rechtlich sauber in Frage zu stellen. Der Verfassungsgerichtshof könnte dann seinerseits beim EuGH auch die Bestimmungen des Unionsrechts, konkret den Schutzstatus des Wolfs, anfechten (wie z. B. vergleichbar im Verfahren S 18). Eine solche Beschwerde könnte dann für die Bevölkerung konkrete Ergebnisse zeitigen, im Gegensatz zum bloßen verbalen Kraftakt.
Dem ist nichts hinzuzufügen.