2025-10-03
Unter dem Titel „Österreich sucht den schönsten Platz 2025“ startet der ORF die Suche nach den letzten Flecken Natur in Vorarlberg. Dieses Jahr steht auch das Hochplateau Tschengla in Bürserberg zur Auswahl. Folgend ein kurzer Auszug aus der Beschreibung des ORF:
„Neben den Steinen ist auch die Natur einen Blick wert. Im Hochmoor wachsen seltene Orchideenarten, die man bewundern kann. Kaum zu Gesicht bekommt man hingegen das Auerwild. Und das ist auch gut so, denn die Auerhähne und -hennen hier sind der wichtigste Genpool in ganz Vorarlberg für die vom Aussterben bedrohte Rasse. Diese sogenannte „Quell-Population“ bringt einen überlebensnotwendigen Gen-Austausch in die weiteren Auerwild-Populationen der Region. Markierte Schutzzonen sollen den Tieren die nötige Ruhe ermöglichen, und wir alle sind aufgefordert, diese einzuhalten.
Doch Natur erleben geht hier auch ohne große Eingriffe: Sommer wie Winter stehen viele verschiedene Rundwanderwege zur Verfügung. Vom einfachen Spaziergang bis zum alpinen Steig kann hier jeder die Weite und Schönheit der Bergwelt erleben und im Anschluss seine müden Füße in der Naturkneippstelle erfrischen.“
Wenn man das Gebiet Tschengla kennt und die Entwicklung der letzten Jahre verfolgt hat, dann muss man sich schon fragen, mit welchen Scheuklappen die Einreicher und der ORF dieses Gebiet erkundet haben. Haben sie die permanente Zerstörung der Natur nicht mitbekommen:
- Immer mehr Singletrails für Downhiller, auch durch Moore geplant
- Eine neue Seilbahn mit stark erhöhter Personenkapazität mitten in die einzige Quellpopulation des Auerwildes.
- Immer neue (teils auch illegal gebaute) Parkplätze
- Gigantischer Ausbau der neuen Talstation
- mehr Downhiller bedeutet auch mehr Hubschrauberflüge für Schwerverletzte
- und was auch immer noch in der Zukunft dazu kommt
Wenn dieses Gebiet eines der letzten Schätze in Vorarlberg darstellt, dann gute Nacht Natur!
Wo sind denn nun die Schätze in Bürserberg?
Zum Einen die Natur, die gnadenlos ausgebeutet wird, um immer mehr Menschen ins Gebiet zu locken.
Zum Anderen der Kies unter der grünen Oberfläche (siehe Bild rechts)
Dazwischen darf dann ein wenig Natur überleben, solange sie dem Profitstreben nicht im Wege steht.
Was sagen die Bewohner von Bürserberg
zu dieser Entwicklung?
Dazu auch der Leserbrief von Franz Ströhle:
„Die Gemeinde Bürserberg bewirbt sich mit dem Hochplateau Tschengla um den Titel “Schönster Platz Österreichs”. Ausgerechnet die Gemeinde, die in das nahegelegene, wertvolle Loischkopf-Biotop, in dem die einzige Auerwild-Quellpopulation nachgewiesen wurde, zahlreiche Mountainbike-Downhillstrecken in das Gelände graben ließ. Parkplätze wurden ohne Genehmigung errichtet und eine Aushubdeponie konnte nur mit Mühe verhindert werden. Nun soll mit geplanten Hotelbauten und dem Neubau der Loischkopf-Bahn mit einer Förderkapazität von 3200 Personen pro Std. das Gebiet beglückt werden. Die Seilbahn-Baustelle gleicht dem von J. R. Tolkien fiktional beschriebenen Land Mordor und man kann beobachten, wie ein Bagger eine Wiese durchpflügt, um noch mehr Downhillfahrer zu bedienen. Brutaler kann man mit einer ehemals idyllischen alpinen Landschaft nicht umgehen. Was kann das Motiv sein, die Auszeichnung “Schönster Platz Österreichs” anzustreben? Noch mehr Menschen anzulocken, um auch noch die Reste einer halbwegs intakten Landschaft zu vermarkten? Wie ist das mit der Vorarlberger Tourismusstrategie 2030, die vorgibt, nachhaltig zu sein? Gilt die erst ab diesem Datum? Überall, auch im Sozialbereich, fehlt das Geld, aber für klima- und umweltschädliche Projekte handelt die Politik leider immer noch nach dem Prinzip “Koste es, was es wolle”.“
Und dann noch die Reaktion von Wolfgang Dreier aus Bürserberg:
In einem Leserbrief meint er, Bürserberg gehöre zu den schönsten Plätzen Österreichs und meinte dann: „Wir lassen uns nicht beleidigen. Wir, die Bevölkerung von Bürserberg, tragen Verantwortung für unsere Heimat, unsere Familien und unsere Zukunft. Unsere Gemeinde lebt seit Generationen vom Tourismus, und wir gehen sorgsam mit unserer Natur um.“
Anschließend wir der Leserbrief mit seinem Namen und dem Zusatz „im Namen der Bevölkerung von Bürserberg“ unterlegt.
Es ist absolut legitim, zu den Projekten in Bürserberg eine andere Meinung zu haben. Es stellt sich jedoch die Frage, ob alle Menschen in Bürserberg diese Entwicklung genauso kritiklos mittragen wie Hr. Dreier. Wenn er den Leserbrief „im Namen der Bevölkerung von Bürserberg“ unterschreibt, dann vermittelt er der Vorarlberger Bevölkerung, dass alle Einwohner ihm dazu ein Mandat gegeben haben.
Wenn wir uns mit Menschen in Bürserberg unterhalten, dann ergibt sich leider ein anderes Bild. Auch wenn der Bürgermeister mit Rücktritt drohen muss, um das 240-Betten-Projekt durchzubringen, dann zeugt auch dies nicht für die behauptete allgemeine Zustimmung.
Wir sind nicht gegen den Tourismus. Doch wann ist endlich das Ende des unnatürlichen Wachstums auf Kosten der Natur erreicht? Es gibt viele Tourismusdestinationen, die damit ihren Wohlstand (für alle?) begründet haben und heute gegen den Overtourismus auf die Straße gehen, weil ihre Lebensqualität enorm leidet und sogar das Leben in ihrer Stadt nicht mehr leistbar ist.
2025-10-25
In einem weiteren Leserbrief muss sich nun Hr. Dreier für seine Verwechslung beim Alpenverein entschuldigen. Erneuert aber weiterhin seine Kritik, nun gegenüber dem AlpenSchutzVerein im Namen der Bürserberger*innen. Da dies die Gefahr birgt, dass die Leser*innen der VN diesen falschen Fakten glauben schenken könnten, müssen wir reagieren. Mit einer Entgegung über einen Leserbrief wollen wir die Fakten benennen und aufzeigen, dass die progressive Tourismusentwicklung in Bürserberg immer mehr Kritiker auf den Plan ruft. Wenn man der Bevölkerung mit Drohungen „den Teufel an die Wand mahlt“ ist es verständlich, dass noch keine Mehrheit für eine enkeltaugliche und nachhaltige Entwicklung eine Mehrheit findet. Bei den nächsten Projekten, die sicher wie das Amen im Gebet kommen werden, gibt es wieder eine Chance dem Wahnsinn ein Ende zu bereiten.
Leserbrief:
Niemand beleidigt Bürserberg
Hr. Wolfgang Dreier interpretiert die Kritik des AlpenSchutzVereins für die massiven Eingriffe in die Natur, das Landschaftsbild und in die Lebensräume für das Auerwild im Zusammenhang mit der Entwicklung des Tourismus als Beleidigung für die gesamte Bevölkerung von Bürserberg und das Brandnertal. Es ist ihm unbenommen, seine persönliche, profitorientierte Meinung zu vertreten, die wir auch so akzeptieren. Dementsprechend erwarten wir aber von ihm auch zur Kenntnis zu nehmen, dass wir als engagierte Naturschutzorganisation im Sinne der Natur einen anderen Zugang zum ewigen Wachstum im Tourismus vertreten. Wenn er jedoch im Namen der gesamten Bevölkerung spricht, überschreitet er seine Kompetenzen und versucht, über den Leserbrief der Vorarlberger Bevölkerung zu suggerieren, dass alle Bürserberger*innen diese von uns kritisierte Entwicklung mittragen. Unsere Gespräche mit Menschen vor Ort ergaben ein anderes Bild. Auch die Genehmigung des Bikeparkes in der Gemeindevertretung lief nicht reibungslos. Genauso das 240-Betten Hotelprojekt, dem bei einer Befragung 2021 mit enormem Druck durch den Bürgermeister mehrheitlich zugestimmt wurde. 151 Bürserberger*innen sprachen sich dagegen aus. Auch die Projektgegner*innen sprachen sich für die Erhaltung der Natur und gegen das „Zubetonieren des Ortes“ aus. Dies ist für uns der Beweis, dass ein Umdenken in der Bevölkerung stattfindet.
Erich Zucalli, Obmann AlpenSchutzVerein



Als Ergänzung kommt nun, dass sich derzeit die Downhiller auf der Seite von Brand bewegen und mehrere Wanderwege den Downhillern zum Opfer gefallen sind, Z.B. müssen Wanderer nun von der Bergstation der Dorfbahn zwingend auf der Straße nach Brand hinunterlaufen.
Wenn man die Situation von der kapitalistischen Seite betrachtet, dann muss man bedenken, dass die Wandernden oft kein Geld liegen lassen, die Downhiller aber schon. Somit müssen die Wandernden den Zahlenden weichen. Wo das nicht geht, werden Wanderwege in „dual use“ Strecken verwandelt, bei denen die Downhiller natürlich aufgrund der höheren Geschwindigkeit wieder die stärkeren sind. Natürlich werden diese Strecken dann von den bremsenden Rädern stark ausgefurcht und sind somit für zu Fuß gehende nicht mehr attrakktiv.
Mein Tipp an die Erholungssuchenden: Es gibt in Vorarlberg andere, schönere Plätze, an denen man noch entspannt wandern kann. Überlasst den Rummel auf der Tschengla den Befürwortern in Bürserberg und den Adrenalin-Freunden.